Eine Libelle ist das Symboltier des Naturschutzgroßprojektes „LIK.Nord“. Dies hat seinen Grund darin, dass diese Artengruppe quasi eine Zeitenbrücke schlägt zwischen der Entstehungszeit der Kohlelagerstätten in unserer Heimat im Karbon und heute, einer Zeit der Erhaltung der für den Naturschutz wertvollen Teile der Landschaft nach dem Kohleabbau, einem Teilthema des Projektes.
Schon vor 300 Mio. Jahren flogen die Vorfahren der heutigen Libellen mit Flügelspannweiten von bis zu 70 cm durch die üppige Vegetation der gigantischen Farn -und Siegelbaumwälder.
Umso erstaunlicher, dass sich der Bauplan dieser Tiere bis heute kaum geändert hat und sie mit ihren Lebensräumen eine bedeutende, im bundesweiten Rahmen sogar die wichtigste Artengruppe im Projekt darstellen. Insbesondere die Kohlenschlammweiher und Teiche bzw. Weiher im Landschaftslabor „Bergbaufolgelandschaft“ (wir wollen sie zukünftig „Montana“ nennen) haben eine enorme Bedeutung, die auch über die Landesgrenze hinausreicht. Der „Große Schlammweiher Heinitz“ ist das an Libellen artenreichte Gewässer im Saarland. Die dort lebende Population der Zierlichen Moosjungfer ist die größte und derzeit einzig richtig große im Saarland, damit in der Größe und Bedeutung wohl weit über die Landesgrenzen hinausreichend.
Gemeinsam mit dem Libellenexperten Dr. Bernd Trockur habe ich mich deshalb am 19.06.2023 auf den Weg gemacht, um u.a. zu erkunden, warum sie an bestimmten Gewässern zahl- und artenreich schwirren – aktuell auch auf der Suche nach Eiablageplätzen – und warum an anderen nicht?
Libellen sind in hohem Maße strukturgebundene Insekten, die ganz gezielt Gewässer in bestimmten, zur Eiablage und für die Larvalzeit geeigneten Bereichen aufsuchen. Die Larvalzeit kann problemlos bis zum nächsten Jahr – bei einigen Jahre sogar über Jahre – andauern, bevor die Tiere, meist an einem uferständigen Pflanzenstängel, emporklettern, das feuchte Element und dann die Larvenhülle verlassen und zum flugfähigen Insekt werden.
Neben Fließ- und Kleingewässern suchen sie im Projektgebiet v.a. die zahlreichen künstlichen Weiher und Teiche auf, die oft auch als Angelgewässer genutzt werden. Welche Strukturen entscheiden nun darüber, ob neben den von Anglern begehrten Fischen auch viele Libellen die Gewässer bewohnen können?
Da wären zunächst Schwimmblattpflanzen (Seerosen, Teichrosen, Laichkräuter und weitere) zu nennen.
Ebenso förderlich sind für einige Arten Röhrichte verschiedenster Art und Pflanzenstängel von Uferpflanzen, die im Wasser stehen und darüber hinausragen (z.B. Schachtelhalm).
Eine dritte, für das Projekt und seine Arten besonders wichtige Gruppe sind die Unterwasserpflanzen wie z. B. das Hornkraut oder auch das Tausendblatt.
Gerade die letztgenannte Gruppe hängt sehr stark vom Fischbesatz des Gewässers ab, denn je nach Umfang und Artenzusammensetzung trübt sich das Wasser und lässt das für die Unterwasserpflanzen erforderliche Licht nicht mehr durch oder die Pflanzen werden weggefressen.
So konnten wir zu unserer Freude Männchen der Zierlichen Moosjungfer, die eben diese Unterwasserpflanzen benötigt, auch an zwei Gewässern in ihrer typischen Sitzwarte, z.B. auf Schwimmblättern auf Weibchen wartend beobachten.
Ein Weibchen der zweiten für das Gebiet und die Gewässer wertgebenden, strukturgebunden Art – der Zweifleck-Libelle (Epitheca bimaculata) – wurde ganz kurz auf der Suche nach einem geeigneten Eiablageort mit nach hinten hochgehobenem Hinterleib und dem dort eingespannten Eipaket gesehen, was selbst viele langjährige Libellenkundler noch nicht gesehen haben.
Das absolute Highlight stellte sich uns dann aber gegen Mittag vor: ein Paarungsrad der trotz vielen Funden im Saarland doch immer noch „seltenen“ und geheimnisvollen Zweifleck-Libelle bei der Paarung, und das aus aller nächster Nähe.
„Abgerundet“ wurden unsere Beobachtungen und Erkenntnisse noch durch eine Mauereidechse und einen Seidenreiher.
Es war ein ganz und gar besonderer Tag: Danke Bernd!